laura ohlendorf                                                                         -
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zu meiner Arbeit

In einer Kultur, in der die Materialität der Relikte zu Gunsten einer Immatrialisierung von Daten schwindet, möchte ich an greifbaren, haptisch spannenden, von Spuren und Gerüchen gefüllten Materialien festhalten.

Über lange Zeit habe ich mir eine Sammlung von alten Fotos und Gegenständen, die ich bei Haushaltsauflösungen, auf Trödelmärkten oder auf dem Sperrmüll gefunden habe, angelegt. Die Hinwendung zu diesen Objekten, die außerhalb der Aufmerksamkeit und der Wertschätzung liegen, die die Vergänglichkeit repräsentieren, bereits verstorbenes Leben oder vergangene Zeiten widerspiegeln, reizt mich dabei besonders.

Die Motive meiner künstlerischen Arbeiten entnehme ich alten Fotos und abstrahiere sie, so dass sie nur noch einer schemenhaften Erinnerung gleichen. Diese Motive verbinde ich mit alten Materialien wie Ornamentteppichen und abgenutzten Holzplatten, auf denen sich vergangenes Leben abgedrückt hat.

Personenfotografie ist ein zentrales Medium der Autobiografie und Familienerinnerung. Sie trägt diese Erinnerungsfunktion jedoch nur für Angehörige oder Freunde, bei denen die festgehaltenen Erinnerungen wieder ausgelöst werden können. Diese Fotografien dokumentieren einen zeitlichen Wandel und kompensieren ihn gleichzeitig, indem sie Gegenwart und Vergangenheit miteinander verbinden.

„Die Fotografie wird innerhalb der westlichen Kultur als ein zentrales Identitätsmedium eingesetzt, das die eigene Erinnerung stützen und die Biografie beglaubigen soll. Sie kompensiert den Wandel in der Zeit, indem sie das festhält, was uns bereits zu Lebzeiten unweigerlich verloren geht […]“
(Assmann, Aleida: Die Furie des Verschwindens, in: Beil, Ralf (Hrsg.): Boltanski. Zeit, Katalog der Ausstellung im Institut Mathildenhöhe Darmstadt, 12.11.2006 – 11.02.2007, S. 89 – 97,  S. 90)

Meine Arbeiten können keine Erinnerungen transportieren, da der soziale Kommunikationsrahmen abgebrochen ist. Weder ich habe genauere Hintergrundinformationen zu den Hintergründen noch hat sie der Betrachter. Es sind nicht mehr deutbare Speicher, die auf ihre Leere hinweisen und darauf, dass auf ein Erinnern auch immer ein Vergessen folgt. Ich versuche somit nicht, dem Tod und dem Vergessen entgegenzuwirken, sondern weise auf diese hin.

Meine Bilder können jedoch persönliche Erinnerungen beim Betrachter auslösen.
Durch die abstrahierte Darstellung, die unbestimmten, austauschbaren Physiognomien, die typischen Familienbilder kann der Rezipient seine eigenen Erinnerungen in diese hineinlegen. Somit können die Bilder als Erinnerungsauslöser, als Spiegel der eigenen Vergangenheit fungieren.
                                                                                           

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